Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) brachte Elend und Not über weite Teile Europas. Auch Höxter war von den Kriegshandlungen schwer betroffen. An diese Zeit des Schreckens erinnert der Name des Tillyhauses. Der Verein Forum Anja Niedringhaus (FAN) hat sich die Aufgabe gestellt, das seit Jahren leerstehende, stadtbildprägende Baudenkmal wieder mit Leben zu erfüllen. Entstehen soll hier ein Kultur- und Begegnungsort für journalistische und künstlerische Fotografie, der dem Andenken an die international bekannte Fotografin und Pulitzerpreisträgerin Anja Niedringhaus gewidmet ist.
Graf von Tilly war Oberbefehlshaber der katholischen Liga. 1623 setzte er bei Höxter über die Weser und legte eine Besatzung in die Stadt. Der Überlieferung nach soll er im Haus Westerbachstraße 33 Quartier bezogen haben. Das repräsentative Bauwerk ist Teil des Adelshofes Heisterman von Ziehlberg. Der Corveyer Kanzler Georg Kramer, genannt Heisterman, errichtete es 1610 als Eigenhof.
Anja Niedringhaus wurde 1965 in Höxter geboren. Hier sammelte sie, noch als Gymnasiastin, erste journalistische Erfahrungen. Ihre berufliche Laufbahn führte sie zur European Pressphoto Agency, dann zur US-amerikanischen Nachrichtenagentur Associated Press. Weltweit erschienen ihre Bilder auf den Titelseiten der Zeitungen. Und machten sie berühmt. Die Stempel in ihrem Reisepass lesen sich wie eine Chronik der großen Konfliktgebiete der Welt: Gaza-Streifen, Irak, Afghanistan, Türkei, Pakistan, Libyen und Kuwait. Aber auch in Wimbledon und bei anderen Großereignissen des Sports wie den Olympischen Spielen war sie regelmäßig vertreten.
Mit unfehlbarem Gespür für die Komposition eines Bildes rückte Anja Niedringhaus immer die Menschen in den Blickpunkt. Heute ebenso wie früher verursacht Krieg furchtbares Leid. Das zeigen die Bilder der vielfach ausgezeichneten Fotojournalistin. Das Forum Anja Niedringhaus im Tillyhaus bietet die Möglichkeit, Parallelen zwischen dem Historischen und der Gegenwart aufzuspüren und zu hinterfragen. Mit Veranstaltungen, die zur künstlerischen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Ursachen und Folgen von Krisen, Konflikten und Kriegen, von Flucht und Migration anregen, möchte der Verein Themen aufgreifen, die Anja Niedringhaus am Herzen lagen.
Geplant ist die Zusammenarbeit mit Partner/innen aus Kunst, Wissenschaft und Tourismus sowie mit weiteren kulturtragenden Vereinen in der Region, insbesondere mit der Jacob Pins Gesellschaft, die im bereits sanierten Teil des Adelshofes einen kulturellen Anziehungspunkt geschaffen hat. Malerei und Grafik, die dort im Mittelpunkt stehen, werden ergänzt durch das Thema Fotografie. Um das Forum Anja Niedringhaus zu realisieren, muss der Verein bei aller Förderung einen beträchtlichen Eigenanteil aufbringen. Wenn diese Hürde genommen ist, gewinnt die Stadt Höxter einen Begegnungs- und Identifikationsort mit Strahlkraft.